Das große artesische Becken
Über 70% des über 7,5 Millionen Km² großen Kontinents ist Wüste. Ödes, sandiges, verbranntes Land. In vielen landstrichen ermöglichen nur die vielfältigen Maßnahmen der Australier die Sicherung der Ernte, die Schaffung von Weideland. Das ist notwendig, weil die unkontrollierten und unregelmäßigen Regenfälle so nicht ausreichen. Dazu kommt noch eine hohe Verdunstungsrate durch die immense Sonnenbelastung. Trotzdem sagen Experten, dass Australien eigentlich nicht unter Wasserknappheit leidet. Über 50 % der Bevölkerung lebt in den Hauptstädten, die eine gute Wasserversorgung haben.
Die Ressource hätte schon gereicht, wenn das Wasser immer dort wäre, wo es am dringendsten benötigt wird, wenn die Australier vom dritthöchsten Verbrauch in der Welt von 3.300 Liter/ Tag pro Einwohner (Gewerbe und Industrie miterfasst) endlich runter kämen. Sogar in den Haushalten liegt der Verbrauch mit 350 Liter pro Kopf und Tag, im Vergleich zu den 128 Litern in Deutschland, nicht gerade niedrig. Rund 70% des Trinkwassers verbraucht die Landwirtschaft, rund 20% Industrie und Gewerbe und rund 8% die Haushalte

Traurig und irgendwie auch makaber. Unter dem besonders durch Trockenheit gefährdeten gebieten Australiens liegt mit dem „Großen artesischen Becken“ das größte unterirdische Wasserreservoir in der Welt unter dem mittelaustralischen Tiefland. Das ist eine flache Landfläche, die durch das ostaustralische Hochland und das westaustralische Plateau begrenzt. Es wird auch zentrales Becken genannt. Es reicht vom Golf von Carpentaria im Norden bis zum Spencer Golf im Süden. In frühen geologischen Zeitaltern war es vom Meer und später von großen Binnenseen überflutet. Hier befinden sich auch bis auf wenige Ausnahmen die großen Opalvorkommen des Kontinents. Durch die Ablagerungen aus der Jura- und Kreidezeit, durch Sedimentbildung und Verwitterung der ehemaligen Meeresböden entstand ein reicher Vorrat an Kieselsäure, der sich in Rissen, Spalten und porösen Gesteinsschichten ablagerte und in den Jahrmillionen bis zum Tertiär zu Opal wurde. Mittlerweile liefern Queensland, Süd Australien und NSW 95% der Weltförderung an Opalen. Vor Millionen von Jahren formte sich das Becken durch die abwechselnde Ablagerung von durchlässigen Sandstein und nicht Wasser durchlässigen Schichten von Siltstone (Deutsch Schluffstein), ein Sedimentgestein mit Mineralkörnern in einer Korngröße von 0,002 bis 0,063 mm, und Mudstone. Das sind Faulschlammablagerungen eines sauerstoffarmen Meeres. Ein Vorgang, der sich in drei großen Becken abspielte, die sich bald vereinigten. Die Sandbildung an der Erdoberfläche durch die kontinuierliche Erosion führte zur Bildung oberflächlich gelagerten durchlässigen Sandstein. Je nachdem, wo in der Tiefe die undurchlässigen Schichten lagern, kann n das Becken zwischen 100 bis 3000 Meter tief sein. Man meint, dass vor 65 Millionen Jahren, in der Kreidezeit, die Beckenbildung abgeschlossen war.
Die tiefste Senke findet sich im Bereich des Lake Eyre (-12 m NN). Zahlreiche Flüsse, die an den Westausläufern der Great Dividing Range entspringen münden in diesen abflusslosen Becken. Die ausgetrockneten Salzseen sind oft jahrzehntelang ohne Wasser. Nach episodischen Starkregenfällen kommt es dann zu Überschwemmungen der Flussbetten und Salzseen, die dann zu Brutplätzen von unzähligen Pelikanen und anderen Wasservögeln werden. Im Süden schließen sich die Ebenen des Darling- und Murray- River an. Der Murray ist mit 2.575 km der längste Fluss des Kontinents und die wichtigste Trinkwasserquelle Südaustraliens.
Mehr als die Hälfte aller Flüsse entwässern nicht in den Ozean, sondern versickern oder trocknen aus. Eine neuere Studie meint, dass es sogar 87% des Abflusswassers sind. So entstand ein Grundwasserbecken von 1,7 Millionen Km². Ein Fünftel der Fläche Australiens. Das riesige Becken beinhaltet schätzungsweise 64 900 Millionen Megaliter. Damit könnte man den Hafen von Sydney 1300 Mal füllen.
Auf eine Distanz von ca. 1.600 km ist die Südküste ohne einen Zufluss aus dem Landesinneren. Die nicht ständig Wasser führenden Flüsse werden "Creeks" genannt. Die hier lagernden Vorräte an artesischem Grundwasser, d.h. in porösem Stein eingelagerte Wassermengen, stehen unter hohem Druck und kommen entweder aus Quellen oder Brunnen an die Oberfläche. Der Grundwasserspiegel wird besonders durch den Abfluss aus dem östlichen Hochland konstant gehalten. Die nach Westen führenden Flüsse der Great Dividing Range nehmen auf einem langen, unterirdischen Weg Sedimente und Mineralien auf. Da diese Wasser führenden Schichten gegenüber dem Becken stärker geneigt sind und die Sedimente im Becken wasserundurchlässig sind, entsteht darunter ein ziemlicher hoher Druck, ein gespannter Grundwasserspiegel. Den höchsten Druck hat man mit 1300 KiloPacal gemessen. Und nicht zu selten tritt das Wasser teilweise mit sehr hohen Temperaturen an die Oberfläche, da es aus einer Tiefe von bis zu 2 Km kommt. Dort, wo es an die Oberfläche tritt (natürlich oder angebohrt), hat es meist einen salzigen oder mineralischen Geschmack und ist für den Menschen ungenießbar. Diese „Versalzung“ kann aber auch durch übermäßige Beanspruchung der Wasserreserven entstehen. Dann sinkt nämlich der Grundwasserspiegel und es kommt innerhalb von nur drei Tagen zum Eindringen von Meereswasser. Und die Ungenießbarkeit kann aber auch die zunehmende Verunreinigung des Grundwassers durch Industriebetriebe, Mülldeponien und nicht zu seltene Lecks in den Jauchegruben bedingt sein. Eine weitere und bedeutende Verunreinigung und Belastung erfolgt durch Atommülllager. In einem sehr eindringlichen Appell haben die Aborigines die Regierung aufgefordert, die Entsorgung von Atommüll in Billa Kallina im Becken des Lake Eyre zu beenden. Die Grundwasserbelastung ist dabei nur eine der Umweltgefährdungen.
Die Ausbreitung der Viehzucht über weite Teile des Inlandes ist im Wesentlichen der Entdeckung und Förderung dieser Wasservorräte zu verdanken. Dem Vieh schadet der Genuss des mineralhaltigen Wassers nicht. Und auch die Dampflokomotiven von The Ghan profitierten bei der Fahrt in diesen Gegenden von dem Wasserreservoir.
Insgesamt 20 artesische Becken hat man in Australien erfasst. Und fast 9000 artesische Brunnen werden geschätzt. Der Mineralgehalt des artesischen Wassers führt zu einer kleinen Hügelbildung um die Quellen. Mound springs (Hügelquellen) nennen die Aussies die Erhebungen, um die sich häufig kleine grüne Oasen gebildet haben.
Nicht die spontane Quellenbildung zur Druckregulierung, nein die Vielen Bohrungen haben im Great Artesian Basin zu einem Abfall des Druckspiegels um 120 cm geführt. Mit der Folge, dass man heute sehr häufig nur noch mit Pumpen Wasser aus der Tiefe erhält. Und mit der Gefahr, dass die vermutetet fossile Grundwasserbasis verkleinert wird.
Bevor die Europäer Australien besiedelten nutzen die Ureinwohner die spontanen artesischen Brunnen und achteten sie als traditionelles Kulturgut für besonders wichtig. Sie waren eine gern genutzte Wasserquelle bei Dürre und Trockenheit, wenn andere Quellen versiegten. Außerdem wussten sie sehr wohl, dass dieses Wasser den für ihr Leben notwendigen Wildbestand ermöglichte. Die Quellen spielten eine Rolle in den Geschichten der Vorfahren, bekamen mythische Bedeutung, wurden in den spirituellen und kulturellen Glauben der Gemeinschaften integriert. Die Europäer entdeckten die artesischen Brunnen 1878, als sie begannen nach Wasserquellen zu suchen. Bis 1915 wurden über 1500 künstliche Wasserlöcher geschaffen. Die Sicherheit auf zuverlässige Wasserbereitstellung war die Voraussetzung für Siedlungen, für Rinder- und für Schafzucht. Tausende Kilometer Rohre wurde aus diesem Grund zu den Farmen verlegt. Es wird eingeschätzt, dass zu Beginn der Besiedlung in Queensland täglich 1040 Megaliter Wasser aus dem artesischen Becken abgezapft wurden. All dies, zusammen mit dem Bedarf der anderen Staaten, führte zu einen Störung des Gleichgewichtes zwischen Zufluss und Entnahme des Wassers. Mit der Zunahme der künstlichen Wasserlöcher nahm der Innendruck des Beckens ab, und die Wasserlieferung ließ nach. Aktuell werden täglich 1500 Megaliter Wasser pro Tag entnommen. Schon heute benötigen ein Drittel aller Bohrlöcher Pumpen zur Wassergewinnung. Vor der weißen Besiedlung undenkbar.
Jetzt hat die Regierung eingegriffen. Eine Interessengemeinschaft zur Verminderung des Rauabbaus beim großen artesischen Becken kontrolliert im Auftrag der Regierung vergibt kontrollierte Berechtigungen an Siedler nur noch, wenn der Verschluss oder die Rohrableitung des Wassers nach Schaffung des Bohrlochs garantiert ist.
Doch mit der globalen Erwärmung der Erde werden die Regenfälle zurückgehen. Es wird eine Verschiebung der Wasserregulierung eintreten. Dürre auf dem land und Hochwasser in den Städten, denen die durchlässigen Böden, die Ausgleichflächen fehlen. Dem zu erwarteten Wassermangel kann man in Down under nur durch eine Steigerung der Menge des wieder verwendbaren Wassers begegnen. 14% in den letzten Jahren. Das ist zu wenig! War aber für Jahre wirtschaftlich, da recycliertes Wasser durch die weit vom Endverbraucher entfernten Anlagen für die Wasseraufbereitung, die Kosten für Speicherung und Transport sehr teuer ist. Und die Trinkwasserpreise in Oz sind niedrig. Der neue Trend ist der Einbau von kleinen Wasseraufbereitungsanlagen bei Bürohäusern, neben den Wohnanlagen. Entsorgung und Lieferung vor der Tür des Konsumenten. Dazu kommt. Dass die veralteten derzeitigen Anlagen bei starken Niederschlägen das Regenwasser nicht völlig auffangen können.
Die Wasserdebatte in Australien ist und bleibt wie die Schädlingsbekämpfung eine unendliche Geschichte.
ditido